Auf nach Lyon
Bei renommierten Berufsmeisterschaften belegen STUDER-Lernende regelmäßig vordere Plätze und zeigen damit, dass ihre Ausbildung zu den besten der Welt gehört. „Motion“ war beim Training für die WorldSkills 2024 dabei.
WIE MITTEN IN EINEM BIENENSCHWARM habe er sich gefühlt, sagt Luis Salzmann. „In der Halle herrschte ein unglaublicher Lärm, von den Maschinen und dem großen Publikum“, erinnert sich der 19-Jährige an jenen Tag, an dem er die Goldmedaille holte. Dabei musste er sich hochgradig auf seine Aufgabe konzentrieren, um unter Wettkampfbedingungen die maximale Punktzahl zu holen. „Meine Geheimwaffe waren Kopfhörer mit Noise-Cancelling“, lacht der junge Mann. Das war im vergangenen Herbst während der „IndustrySkills | SwissSkills Championship 2023” auf dem Expo-Gelände in Bern, bei der die Tech- und Maschinenindustrie der Schweiz ihre besten Nachwuchstalente ermittelte.
Und Salzmann, der bei STUDER im vierten Lehrjahr ist, schaffte es in der Disziplin „Konstrukteur/-in EFZ” ganz oben aufs Treppchen. Damit qualifizierte er sich automatisch für die WorldSkills 2024, die vom 10. bis zum 15. September im französischen Lyon stattfinden. Dort werden sich laut Veranstalter auf dem Euroexpo-Gelände rund 1500 junge Fachkräfte aus mehr als 65 Ländern messen – das erwartete Publikum schätzen sie auf eine Viertelmillion Menschen. Die über 50 Wettkampfdisziplinen reichen von „Aircraft Maintenance” über „Mobile Robotik” bis „Webtechnologie“ – und die jeweils Besten erhalten bei der Abschlusszeremonie im drittgrößten Fußballstadion Frankreichs, dem Groupama Stadium, eine Medaille vor Tausenden Zuschauenden.
MIT CAD-SOFTWARE UND BLEISTIFT
Aber daran möchte Salzmann noch nicht denken. Er ist gerade mitten in der Trainingsphase und braucht einen klaren Kopf. Er sitzt jetzt konzentriert vor einem Computerbildschirm in der Lehrwerkstatt von STUDER im schweizerischen Thun. Der Ausbildungsmaschinenpark hier gehört zu den modernsten des Landes. Neben konventionellen Maschinen für die Grundausbildung stehen spezialisierte Geräte für die Schwerpunktausbildung und die Produktion. Salzmann erlernt den Beruf des Konstrukteurs EFZ und tritt damit bei den WorldSkills in der Disziplin „Mechanical Engineering CAD“ an. Sein wichtigstes Werkzeug ist ein Computer mit moderner 3D-CAD-Software.
„Aber auch auf das saubere Arbeiten mit Papier, Bleistift, Lineal, Zirkel und Messschieber legen wir in unserer Ausbildung Wert“, sagt Roger Leuenberger, Leiter der Berufsbildung bei STUDER. Das auf die Herstellung von hochpräzisen Hightech-Rundschleifmaschinen spezialisierte Unternehmen hat mit rund zehn Prozent einen hohen Anteil von Lernenden unter der Mitarbeiterschaft. „Weil wir einen Großteil des von uns benötigten Personals selbst ausbilden, sind wir auch in Zeiten des Fachkräftemangels gut aufgestellt”, erläutert Leuenberger. Die Konstruktionsfachleute entwerfen bei STUDER zum Beispiel Teile für die eigene Produktion, welche später Mitarbeitende mit einem Abschluss in Polymechanik an den Rundschleifmaschinen herstellen.
Die Erstellung von technischen Plänen und deren präzises Vermessen, die Übertragung in eine 3D-CAD-Software sowie das Erkennen von technischen Zusammenhängen und Funktionsweisen – all das gehört sowohl im Betriebsalltag als auch bei der Meisterschaft zu den typischen Aufgaben dieses Berufs. „Aber der große Unterschied ist, dass es bei den WorldSkills auf die Zeit ankommt”, sagt Salzmann. In der Regel ist nämlich eine bestimmte Stundenzahl vorgegeben, während derer die Teilnehmenden eine bestimmte Aufgabe lösen müssen. Wer genauer arbeitet, schneller fertig ist oder mehr schafft als die Konkurrenz, erhält mehr Punkte.
INTENSIVES TRAINING
Beim Training in der Lehrwerkstatt schaut Salzmann vom Computermonitor immer wieder konzentriert auf einen technischen Plan aus Papier, der auf seinem Schreibtisch liegt. Für Laien mag das Labyrinth aus schwarz-weißen Linien, Kreisen, Winkeln und Maßeinheiten nur schwer zu durchschauen sein, doch er erkennt darin schnell einen Druckausgleich-Verschluss für hydraulische Systeme. Diesen muss er nun hochpräzise in 3D in der CAD-Software nachbauen. Ist diese Aufgabe gelöst, folgt das nächste Bauteil. Sei es ein Gokart-Chassis, eine Ventilspindel oder eine Lenkrolle.
Beim Training stehen ihm zwei Coaches zur Seite: Mario Wymann ist bei STUDER Berufsausbilder für den Bereich Konstruktion und bewertet und berät Salzmann vor allem bei den technischen Zeichnungen. Für die Arbeit mit der CAD-Software ist ein Trainer des SwissSkills-Nationalteams mit dem nötigen Wissen über das internationale Bewertungssystem zuständig. „Für die SwissSkills haben wir bislang mit der CAD-Software NX von Siemens gearbeitet. Bei den WorldSkills ist mit Inventor von Autodesk aber ein anderes Programm vorgeschrieben”, sagt Salzmann. Bereits diese Umstellung erfordert von ihm viel Einarbeitung und Trainingszeit.
Je näher die WorldSkills rücken, desto mehr Zeit muss Salzmann für die Vorbereitung aufbringen, sich Tag für Tag durch das Jahrzehnte umfassende Archiv an Wettbewerbsaufgaben kämpfen. Waren es zu Beginn noch anderthalb Arbeitstage pro Woche, wandelt sich das Training mit fortschreitender Zeit zu einem echten Vollzeitjob. Auch für STUDER sind die hier gebundenen Personalkosten eine große Investition – warum tut das Unternehmen das? „Wir haben bei uns eine super Ausbildung, und es bringt natürlich viel Renommee, wenn unsere Lernenden Medaillen holen”, sagt Coach Wymann. Auch für die jungen Menschen selbst öffne ein solcher Erfolg viele Karrieretüren.
VIELE MEDAILLEN FÜR STUDER
Tatsächlich ist STUDER regelmäßig auf den vorderen Plätzen vertreten. Als Salzmann bei den SwissSkills vergangenes Jahr den ersten Platz belegte, holte sein Kollege Noah Rossel in der Kategorie „Automatiker/-in EFZ” die Silbermedaille. Und dann ist da noch Polymechaniker Gil Beutler, der von 2020 an bei den Swiss-, Euro- und WorldSkills mit Gold, Silber und Bronze einen ganzen Satz an Edelmetall für STUDER gewonnen hat. „Unsere Medaillenträger sind Botschafter für die Ausbildung insgesamt”, erklärt Ausbildungsleiter Leuenberger. Denn solche Erfolge machen STUDER als Ausbildungsstätte für junge Talente besonders attraktiv, die ihr Know-how bei den Besten der Welt erlernen wollen. Zudem investiert STUDER laufend in modernste Ausbildungsmaschinen für die Lehrwerkstatt – „wie gerade erst mit zwei neuen CNC-Maschinen“, ergänzt Leuenberger.
Da bleibt zum Schluss nur noch eine Frage: Welche Chancen rechnet sich Salzmann für Lyon aus? „Es wird auf jeden Fall nicht einfach. Die Schweiz hat in meiner Disziplin schon länger keine Medaille mehr geholt, und die Ergebnisse aus der Vergangenheit zeigen, dass nur wenige Punkte den Ausschlag geben werden”, sagt er. Eine etwas besser erstellte CAD-Animation, ein genauer gezeigtes Detail oder ein exakter gesetztes Maß: Solche Dinge entscheiden letztlich über einen Platz auf dem Podest. Dennoch ist er zuversichtlich. „Die Berufsausbildung bei STUDER und in der Schweiz insgesamt legt im Vergleich zu anderen Ländern viel Wert auf ein breiteres Verständnis technischer Zusammenhänge aus verschiedenen Bereichen – das ist sicher ein Vorteil”, sagt er und fügt hinzu: „Aber allein schon Teil des Schweizer Nationalteams zu sein ist für mich eine große Ehre, und ich freue mich bereits sehr auf die Eröffnungszeremonie in Lyon.”